AG München: Arzt muss Bewertung auf Ärztebewertungsportal grundsätzlich hinnehmen

Das AG München hat mit Urteil vom 12.10.2012 entschieden, dass ein Online-Ärztebewertungsportal dann zulässig ist, wenn eine Nachverfolgung im Falle etwaiger beleidigender oder rufschädigender Äußerungen möglich ist. In diesem Fall überwiege das Interesse der Öffentlichkeit an der Verfügbarkeit von Daten über medizinische Versorgungsmöglichkeiten zusammen mit dem Recht auf Meinungs- und Kommunikationsfreiheit das Recht auf dem Portal bewerteter Ärzte auf informationelle Selbstbestimmung.

 

Sachverhalt

Die verklagte Portalbetreiberin betreibt ein Online-Ärztebewertungsportal. Dort bietet sie eine Arztsuche und eine Ärztebewertung an. Internetnutzer können Informationen zu Ärzten und anderen Heilberuflern kostenfrei abrufen. Soweit vorhanden sind auf dem Portal Name, Titel, Fachrichtung, Praxisanschrift und weitere Kontaktdaten sowie ggf. auch Sprechzeiten und ähnliche praxisbezogene Informationen abrufbar.

Nach vorheriger Registrierung können Bewertungen in einem Notenschema und Freitextkommentare eingegeben werden. Die Noten und Kommentare sind für andere Nutzer abrufbar und werden von der Portalbetreiberin als fremde Information angeboten. Eine Bewertung ohne vorherige Registrierung ist nicht möglich. Im Rahmen der Registrierung muss eine gültige E-Mail-Adresse angegeben werden, die im Zuge des Registrierungsvorgangs verifiziert wird.

Über einen Gynäkologen wurden auf dem Ärztebewertungsportal folgende drei anonymisierte Bewertungen eingestellt:

…. toller Arzt - sehr empfehlenswert

…. na ja...

…. kompetenter, netter Arzt, sehr zu empfehlen!

Als dieser Ende Januar 2012 davon erfuhr, dass er in dem Bewertungsportal bewertet worden war, setzte er sich mit der Portalbetreiberin in Verbindung und forderte diese zur Löschung auf, da er der Speicherung seiner Daten nie zugestimmt habe. Diese Portalbetreiberin verweigerte die Löschung.

Klage des Arztes vor dem AG München blieb erfolglos

Der Arzt erhob daraufhin Klage vor dem Amtsgericht München. Das Gericht wies die Klage jedoch ab, da dem Arzt weder ein Löschungs- noch ein Unterlassungsanspruch gegen die Portalbetreiberin zusteht.

Meinungsfreiheit überwiegt allgemeines Persönlichkeitsrecht

Zwar berührten die Speicherung seiner Daten und die Bewertungen den Schutzbereich seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts und damit auch seines Rechts auf informationelle Selbstbestimmung. In der Gesamtschau überwiege jedoch das Recht der Portalbetreiberin auf Meinungs- und Kommunikationsfreiheit.

Möglichkeit der Nachverfolgung gegeben

So sei eine Nachverfolgung im Falle etwaiger beleidigender oder rufschädigender Äußerungen möglich. Aufgrund der notwendigen Registrierung sei der Beklagten die jeweilige E-Mail-Adresse eines Bewerters bekannt und könne dem Arzt mitgeteilt werden, dem es frei stünde, sich bei der Portalbetreiberin zu melden.

Öffentliches Interesse an Daten über medizinische Versorgung höherrangig

Das Recht der Internetbetreiberin auf Meinungs- und Kommunikationsfreiheit werde durch ein Interesse der Öffentlichkeit an der Verfügbarkeit von Daten über medizinische Versorgungsmöglichkeiten zusätzlich noch verstärkt. Es komme der Entscheidung, ob bzw. von welchem Arzt sich der Einzelne behandeln lassen wolle zugute, wenn diese Entscheidung auf eine möglichst fundierte und breite Entscheidungsgrundlage gestellt werden könne. Neben anderen Faktoren bei der Auswahl eines Arztes biete das Internetportal der Beklagten wegen des darin abgebildeten breiten Meinungsbildes dazu eine sinnvolle Möglichkeit. Auch deshalb bestehe ein öffentliches Informationsinteresse an der Veröffentlichung solcher Daten durch die Internetbetreiberin.

AG München, Urteil vom 12.10.2012, AZ 158 C 13912/12 (rechtskräftig)

Quelle: PM des AG München vom 07.10.2013