OLG München: Anspruch eines eBay-Verkäufers auf Löschung einer negativen Bewertung und eines negativen Kommentars

Das OLG München hat mit Urteil vom 28.10.2014 auf die Klage eines eBay-Verkäufers entschieden, dass ein Käufer seine negative Bewertung und seinen zugehörigen Kommentar auf eBay löschen muss, wenn er die Beweiserhebung über die Wahrheit der im Kommentar aufgestellten Behauptung vereitelt hat.

 

Das OLG München hob damit die Entscheidung der Vorinstanz (LG München) auf, das die Klage abgewiesen hatte.

Sachverhalt

Der verklagte Käufer erwarb vom klagenden eBay-Verkäufer auf der eBay-Plattform eine Halterung für eine Boots-Reling aus Edelstahl. Nach Erhalt der Lieferung machte der Käufer zwar keine Mängelgewährleistung gegenüber dem Verkäufer geltend, gab aber eine negative Bewertung ab und verfasste hierzu folgenden Kommentar:

„Die Gewinde mussten wegen Schwergängigkeit nachgeschnitten werden“.

Der Verkäufer forderte den Käufer auf, sowohl die Bewertung als auch den Kommentar zu löschen, da diese nicht als zulässige Meinungsäußerung, sondern als falsche Tatsachenbehauptung anzusehen sind. Ferner forderte er ihn zur Zahlung der ihm entstandenen außergerichtlichen Anwaltskosten auf.

Da der Käufer dieser Aufforderung nicht nachkam, erhob der Verkäufer Löschungs- und Zahlungsklage beim LG München.

Entscheidung LG München

Das LG wies die Klage ab, da der Verkäufer nicht nachweisen konnte, dass es sich bei der im Kommentar aufgestellten Behauptung um eine falsche Tatsachenbehauptung handelt.

Gegen dieses Urteil legte der Verkäufer Berufung beim OLG München ein - erfolgreich.

Entscheidung OLG München

Das OLG München hob die Entscheidung des LG auf und gab der Klage (mit Ausnahme eines Teils der Anwaltskosten) statt.

Löschungsanspruch

Das OLG München stellte fest, dass der Kläger gegen den Beklagten einen Anspruch auf Beseitigung der negativen Bewertung und des Bewertungskommentars hat, da diese den Kläger rechtswidrig in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht beeinträchtigen.

Zunächst wies das OLG darauf hin, dass es für die rechtliche Bewertung einer Äußerung nach der Rechtsprechung zunächst der Ermittlung des vollständigen Aussagegehalts bedarf, insbesondere müsse festgestellt werden, ob es sich um eine Tatsachenbehauptung oder eine Meinungsäußerung handelt. Grund: Wahre Tatsachenbehauptungen sowie Meinungsäußerungen sind grundsätzlich zulässig.

Bewertungskommentar = Tatsachenbehauptung

Den vom Beklagten verfassten Kommentar

„Die Gewinde mussten wegen Schwergängigkeit nachgeschnitten werden“

stufte das OLG als Tatsachenbehauptung ein, und zwar entweder dahingehend, dass die vom Verkäufer gelieferten Befestigungen in der gelieferten Form, also ohne Nachschneiden des Gewindes, für den gewöhnlichen Gebrauch nicht geeignet und damit (…) mangelhaft waren oder dass der Käufer das Gewinde selbst nachschneiden musste, weil der Verkäufer der ihm obliegenden Nachbesserungspflicht nicht nachgekommen ist.

Beide Deutungsvarianten - so das OLG - seien als unwahr anzusehen und daher zu unterlassen, da der Beklagte durch das eigenmächtige Nachschneiden der Gewinde den Beweis, ob die Gewinde mangelhaft waren, vereitelt hat. Die Beweisvereitelung gehe zu seinen Lasten.

„Dass der Beklagte den - behaupteten - Mangel der Gewinde dem Kläger gegenüber vor Abgabe der Bewertung nicht gerügt und dem Kläger dadurch nicht einmal die Möglichkeit gegeben hat, selbst nachzubessern, ist unstreitig. Der Beklagte hat vorgetragen, er habe die Gewinde der Halterung selbst nachgeschnitten, weil es ihm aufgrund einer anstehenden Bootstour unmöglich gewesen sei, die Halterungen an den Kläger zurückzuschicken.

Die – jedenfalls jetzt vom Beklagten unmissverständlich aufgestellte - Behauptung, dass erst durch das Nachschneiden die Verwendung der Halterung ermöglicht worden sei, wurde vom Kläger stets bestritten. Der Beklagte hat seine Behauptung zu keinem Zeitpunkt näher konkretisiert, insbesondere nicht vorgetragen, wie viele Gewinde sich wo an den Halterungen befanden, wie, womit und zu welchem genauen Zweck sie benutzt werden sollten, woran die Halterungen befestigt werden sollten, welche der Gewinde schwergängig waren und inwiefern die Benutzung der Kaufgegenstände durch die Schwergängigkeit beeinträchtigt wurde.

(...)

Auch wenn man davon ausgehen wollte, dass grundsätzlich der Kläger die Beweislast für die Unwahrheit der Behauptung des Beklagten trägt, wäre nämlich zu seinen Gunsten zu unterstellen, dass eine Untersuchung der Halterungen keinen Mangel ergeben hätte, denn der Beklagte hat dem Kläger die Beweisführung durch seine Manipulationen am Gewinde bzw. an den Gewinden vereitelt (…). Der Grund, den der Beklagte für sein rasches eigenmächtiges Vorgehen angegeben hat, erscheint nicht so zwingend, dass er die Herbeiführung der Rechtsnachteile rechtfertigen könnte, die sich aus der Beseitigung der Beweismittel für den Kläger ergeben.“

Bewertung = Meinungsäußerung

Die Bewertung mit einem Minuszeichen stufte das OLG zwar als eine Meinungsäußerung ein, diese sei aber vorliegend ausnahmsweise unzulässig, da für die getroffene Bewertung "keinerlei tatsächliche Anknüpfungspunkte bestanden oder bestehen“.

Grundlage für die negative Bewertung – so das OLG – war ausweislich des Kommentarinhalts ausschließlich die angebliche, jedoch nicht erwiesene Mangelhaftigkeit der Gewinde. Die übrigen zu bewertenden Punkte (Kommunikation mit dem Verkäufer, Schnelligkeit der Versendung usw.) hatten keinen Anlass zu Beanstandungen gegeben. Da die Behauptung im Kommentar, die Ware sei mangelhaft gewesen, eine falsche Tatsachenbehauptung darstellt, ist auch die hierauf aufbauende Negativbewertung unzulässig.

Fazit

Wer auf Verkaufsplattformen wie eBay & Co. Bewertungen abgibt und Kommentare hierzu verfasst, sollte dringend darauf achten, dass in den Kommentaren enthaltene Tatsachenbehauptungen richtig sind und man diese ggf. auch (noch lange später) beweisen kann.