Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat mit Urteil vom 24.11.2015 entschieden, dass ein Anwalt keinen Anspruch auf Löschung einer negativen Bewertung in einem Bewertungsportal hat. Die Bewertung sei weder beleidigend noch vulgär noch enthalte sie eine Drohungen oder herabwürdigende Anschuldigung. Schließlich sei auch die Grenze zulässiger Kritik nicht überschritten.
Sachverhalt: Negative Bewertung über Anwalt auf Bewertungsportal
Ein Mandant hatte über einen aus Polen stammenden Anwalt auf einem Bewertungsportal im Internet folgendes geschrieben:
„I advise against [using] this attorny. [He] is utterly ignorant of his job. [He is] disorganised and incompetent.”
Auf dem gleichen Bewertungsportal hatten 15 andere User sich sehr positiv über den Anwalt geäußert. Der Anwalt forderte das Bewertungsportal auf, die negative Bewertung zu löschen. Der Betreiber des Bewertungsportals weigerte sich jedoch.
Urteil: Auch Anwalt muss negative Bewertung hinnehmen
Zu Recht, wie der EGMR entschied. Der Anwalt sei ein unverzichtbares Element des Justizsystems. Bewertungen seiner beruflichen Fähigkeiten stünden daher im Interesse der Öffentlichkeit. Ein Anwalt müsse daher akzeptieren, dass er von jedem, mit dem er beruflich zu tun hatte, bewertet werden könne.
Sofern, wie hier, die Bewertung weder beleidigend oder vulgär sei und auch keine Drohungen oder herabwürdigende Anschuldigungen enthalte und die Grenze der zulässiger Kritik nicht überschritten wurde, muss auch ein Anwalt mit negativen Bewertungen im Internet "leben".
EGMR, Urteil vom 24.11.2015 (Beschwerde Kucharczyk/Polen 72966/13)
Hinweis
Diese Entscheidung steht mit der deutschen Rechtsprechung im Einklang. Auch nach deutschem Recht müssen Unternehmen oder Selbstständige negative Bewertungen hinnehmen, sofern es sich hierbei um Meinungen oder nicht um falsche Tatsachen handelt.