In der EU gibt es neben dem eingetragenen Geschmacksmuster noch das sog. nichteingetragene Gemeinschaftsgeschmacksmuster. Dieses Schutzrecht entsteht ohne Eintragung durch Offenbarung. Um schutzfähig zu sein, muss das nicht eingetragene Gemeinschaftsgeschmacksmuster dieselben Voraussetzungen erfüllen wie das eingetragene Gemeinschaftsgeschmacksmuster, also neu und eigenartig sein.
Wie entsteht das nicht eingetragene Gemeinschaftsgeschmacksmuster?
Das nicht eingetragene Gemeinschaftsgeschmacksmuster entsteht mit der Offenbarung des Musters gegenüber den in der EU tätigen interessierten Fachkreisen des betreffenden Wirtschaftszweiges. Um das Recht an einem nicht eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmuster entstehen zu lassen, muss die Offenbarung daher im EU-Gebiet erfolgen.
Eine Offenbarung bleibt jedoch unberücksichtigt, wenn ein Geschmacksmuster nach der Offenbarung „den in der Europäischen Union tätigen interessierten Fachkreisen des betreffenden Wirtschaftszweigs im normalen Geschäftsverlauf“ nicht bekannt ist. Daher muss das Geschmacksmuster zumindest den interessierten Fachkreisen der betreffenden Branche in der EU zur Kenntnis gelangt sein, und das Offenbarungsdatum muss eindeutig bekannt sein.
Nachweis der erstmaligen Offenbarung in der EU erforderlich
Derjenige, der sich auf den Schutz durch ein nichteingetragenes Gemeinschaftsgeschmacksmuster beruft, muss daher nachweisen, dass das Muster an einem bestimmten Datum erstmals in der EU offenbart wurde, und zwar so, dass die interessierten EU Fachkreise davon Kenntnis erlangt haben. Der Nachweis der Offenbarung kann z.B. mittels datierter Zeitungsartikel, amtlicher Veröffentlichungen, Belege über internationale Ausstellungen, datierte Rundschreiben an Verbände eines bestimmten Wirtschaftszweigs erfolgen.
In der Praxis kann es schwierig sein, den Zeitpunkt der Offenbarung nachzuweisen und somit den Nachweis des bestehenden Schutzes zu erbringen.
Nachweis der Inhaberschaft erforderlich
Auch der Nachweis der Inhaberschaft eines nicht eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmusters kann in der Praxis schwer zu führen sein. Dies insbesondere, da der BGH eine Vermutung der Inhaberschaft zu Gunsten desjenigen, der das Gemeinschaftsgeschmacksmuster erstmalig der Öffentlichkeit innerhalb der EU zugänglich macht, strikt ablehnt, da nach Art. 14 Abs. 1 GGV das Recht auf das Geschmacksmuster dem Entwerfer oder seinem Rechtsnachfolger zusteht.
Hinweis: Wird das Geschmacksmuster von einem Arbeitnehmer in Ausübung seiner Aufgaben oder nach Weisungen seines Arbeitgebers entworfen, so steht das Recht auf das Geschmacksmuster nach Art. 14 Abs. 3 GGV grundsätzlich dem Arbeitgeber zu. Abweichendes gilt allerdings, wenn vertraglich etwas anderes vereinbart worden ist oder die anwendbaren innerstaatlichen Rechtsvorschriften anderes vorsehen.
Schutzumfang des nicht eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmusters
Das nicht eingetragene Gemeinschaftsgeschmacksmuster bietet zudem nur drei Jahre Schutz, beginnend mit dem Tag, an dem es der Öffentlichkeit innerhalb der EU erstmals zugänglich gemacht wurde.
Anders als das eingetragene Gemeinschaftsgeschmackmuster, das seinem Inhaber das ausschließliche Recht gewährt, Dritten die Benutzung zu verbieten, gewährt das nicht eingetragene Gemeinschaftsgeschmacksmuster seinem Inhaber nur einen Nachahmungsschutz, d,h. gegen absichtliche Nachbildungen. Daher besteht keine Schutzverletzung, wenn ein Dritter ein Erzeugnis ohne Kenntnis des Geschmacksmusters erstellt. Der Nachweis einer absichtlichen Nachbildung ist in der Praxis ebenfalls schwer zu führen.
Praxishinweis
Wenn Sie noch nicht sicher sind, ob Sie Ihr Erzeugnis als eingetragenes Geschmacksmuster schützen lassen wollen, können Sie während der 12monatigen Neuheitsschonfrist prüfen, ob sich eine Anmeldung lohnt. Die Neuheitsschonfrist bewirkt, dass eine Offenbarung des Geschmacksmusters durch Sie während dieses Zeitraums der Neuheit Ihres Musters nicht entgegensteht.
Reichen Sie die Anmeldung für ein eingetragenes Gemeinschaftsgeschmacksmuster jedoch mehr als 12 Monate nach der erstmaligen Offenbarung des Musters in der EU ein, so kann das eingetragene Gemeinschaftsgeschmacksmuster später auf Antrag von Dritten wegen fehlender Neuheit für nichtig erklärt werden. Daher ist es nicht möglich, erst nach Ablauf der 3jährigen Schutzdauer des nicht eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmusters ein eingetragenes Gemeinschaftsgeschmacksmuster anzumelden.