Heutzutage kommen Verkäufer nicht an Amazon vorbei. Das wundert nicht, bietet Amazon eine einfache und reichweitenstarke Verkaufsmöglichkeit. Zudem unterstützt Amazon bei Zahlungsabwicklungen, Lagerung und Versand. Doch ein Verkauf auf Amazon birgt eine Vielzahl an rechtlichen Risiken, insbesondere da Amazon Händler auch für Fehler von Amazon haften. Daher drohen Abmahnungen und Vertragsstrafen. Nachstehend geben wir einen Überblick über mögliche Abmahngründe bei einem Verkauf auf Amazon.
Amazon Grundprinzip: "Anhängen" an bestehende Angebote
Amazons Verkaufskonzept für Händler basiert auf dem „Anhängen“. Für jedes Produkt wird an den Ersteinsteller eine ASIN vergeben, der mit Hilfe einer von Amazon bereitgestellten Maske eine Katalogseite erstellt, auf der er Produktinformationen (Produktname, Hersteller, Marke) eintragen und Produktbilder hochladen kann.
Möchte ein anderer Händler ein identisches Produkt auf Amazon anbieten, soll er sich an das Erstangebot „anhängen“. Für jedes Produkt gibt es daher auf Amazon nur eine einzige Produktseite, auf der die Gesamtzahl der Angebote für das Produkt angezeigt wird.
⇒ Abmahnrisiko: Gefahren beim Anhängen an bestehende Angebote auf Amazon.
Nachträgliche Änderungen jederzeit möglich
Das Problem: Die anhängenden Amazon Händler können die Katalogseite ohne Zustimmung des Ersteinstellers nachträglich ändern, insbesondere Änderungen an der Artikelüberschrift oder in der Artikelbeschreibung vornehmen. Dadurch kann ein Angebot irreführend werden.
Amazon Händler treffen werktägliche Überwachungs- und Prüfungspflichten
Der BGH entschied 2016 in einer Grundsatzentscheidung (BGH, Urt. v. 03.03.2016, Az. I ZR 140/14), dass Amazon Händler eine fortlaufende Überwachungs- und Prüfungspflicht auf mögliche Veränderungen ihrer Angebote, die von Dritten vorgenommen werden, trifft.
In Folge dieses BGH Urteils haben zahlreiche Gerichte entschieden, dass Amazon-Händler eine werktägliche (Montag bis Freitag) Überwachungs- und Prüfungspflicht trifft (KG, Beschluss vom 21.06.2021 - 5 U 3/20; OLG Köln, Beschl. v. 15.03.2017, Az. 6 W 31/17). Diese Pflicht erstreckt sich auf
- selbst eingestellte Inhalte (Impressum, Rechtstexte)
- von anderen Amazon Händlern eingestellte bzw. nachträglich geänderte Produktinformationen und
- von anderen Amazon Händlern hochgeladene bzw., von Amazon zugeordnete Produktbilder.
Nachstehend ein Überblick über mögliche Abmahngründe auf Amazon:
Impressumsangaben
Ebenso wie im eigenen Shop müssen Amazon Händler auch auf Amazon ein rechtskonformes Impressum vorhalten. Welche Angaben im Impressum stehen müssen, regelt § 5 TMG.
⇒ Fragen und Antworten zur Impressumspflicht nach § 5 TMG
Hin und wieder wird berichtet, dass aufgrund technischer Probleme kein Impressum auf Amazon angezeigt wird. Nach der Rechtsprechung haften Amazon Händler jedoch auch für Fehler von Amazon, insbesondere müssen sie sich technische Fehler von Amazon wie eigene Fehler zurechnen lassen. Denn wer die Vorteile von Amazon nutzt, muss auch die Nachteile in Kauf nehmen.
Tipp: Amazon-Händler sollten daher werktäglich prüfen, ob ihr Impressum angezeigt wird und die dortigen Angaben auch vollständig sind. Andernfalls drohen Abmahnungen von Wettbewerbsvereinen.
Hinweis nebst Link auf OS-Plattform
Auch wenn fast niemand diese Plattform nutzt, sind Onlinehändler verpflichtet, auch bei Ihren Angeboten auf Amazon auf die OS-Plattform hinzuweisen und einen anklickbaren Link zur OS-Plattform vorzuhalten. Der Hinweis muss auf jeden Fall im Impressum erscheinen und sollte auch in den AGB enthalten sein.
Tipp: Amazon-Händler sollten daher auch kontrollieren, ob sich in ihrem Impressum ein Hinweis auf die OS-Plattform nebst Link befindet und – wichtig – ob dieser Link anklickbar ausgestaltet ist. Andernfalls drohen Abmahnungen von Wettbewerbsverbänden.
Rechtstexte: AGB, Widerrufsbelehrung und Datenschutzerklärung
Zudem müssen Onlinehändler selbstverständlich auch auf Amazon wirksame AGB, eine rechtskonforme Widerrufsbelehrung und eine Datenschutzerklärung vorhalten. Werden diese Rechtstexte aufgrund technischer Probleme bei Amazon einmal nicht angezeigt, drohen ebenfalls Abmahnungen. Auch eine Nichtanzeige für nur wenige Minuten genügt für eine Abmahnung. Auch hier können Amazon Verkäufer nicht darauf verweisen, dass sie dafür nichts können, sondern die Nichtanzeige auf technischen Problemen bei Amazon zurückzuführen ist.
Tipp: Amazon-Händler sollten daher auch kontrollieren, ob ihre Rechtstexte (AGB, Widerrufsbelehrung) bei Amazon richtig und vollständig angezeigt werden. Andernfalls drohen Abmahnungen von Wettbewerbern und Wettbewerbsverbänden.
Angabe wesentlicher Merkmale der Waren im Checkout
Ein weiteres Problem ist, dass die Gestaltung des Checkouts bei Amazon nicht den gesetzlichen Vorgaben entspricht. Gem. § 312j Abs. 2 BGB müssen dem Verbraucher die wesentlichen Merkmale der Ware unmittelbar bevor er seine Bestellung abgibt (d.h. auf der Bestellübersichtsseite = Checkout) noch einmal angezeigt werden.
Im Amazon Checkout wird lediglich die Produktüberschrift angezeigt; eine Auflistung von wesentlichen Merkmalen sucht man vergeblich. Amazon Händler können solche Informationen auch nicht anderweitig zur Verfügung stellen. Dass der Amazon Checkout nicht den gesetzlichen Vorgaben entspricht, haben bereits mehrere Gerichte entschieden (OLG Hamburg, Beschl. v. 13.08.2014, Az. 5 W 14/14; OLG München, Urt. v. 31.01.2019, Az. 29 U 1582/18).
Achtung: Sofern nicht alle wesentlichen Merkmale der Ware bereits in der Artikelüberschrift abgebildet werden, handeln Amazon Händler daher, solange Amazon nicht nachbessert, wettbewerbswidrig. Wettbewerbsverstöße können sowohl von Wettbewerbern als auch von Wettbewerbsvereinen und -verbänden abgemahnt werden.
Selbst wenn Amazon nachbessert, bleibt stets die Frage, welche Merkmale wesentlich und daher anzugeben sind und welche man weglassen kann. Die Rechtsprechung hatte sich bisher mit wesentlichen Merkmale für Bekleidung (Größe, Farbe, Marke, Textilzusammensetzung) bzw. für einen Sonnenschirm (Material, Schirm und Ständer, Art des Ständers, Gewicht, Farbe) befassen müssen.
Bestelldaten, AGB, Widerrufsbelehrung, Widerrufsformular
Zudem müssen Onlinehändler Verbrauchern gem. § 312f Abs. 2 BGB nach der Bestellung eine Zusammenfassung seiner Bestellung, die AGB, Widerrufsbelehrung und Widerrufsformular auf einem dauerhaften Datenträger zur Verfügung stellen. Diese Pflicht gilt selbstverständlich auch bei Verkäufen auf Amazon.
Diese nachvertraglichen Informationspflichten können Amazon Händler (wie jeder andere Online-Händler) dadurch erfüllen, in dem sie diese Informationen der automatischen Bestellbestätigungs-E-Mail anhängen oder diese spätestens der Warenlieferung beifügen.
Achtung: Überlassen Amazon Händler allerdings Amazon den Warenversand (FBA) und somit den Versand der automatischen Bestellbestätigung per E-Mail, besteht das Risiko, dass Amazon die Bestellbestätigung bzw. die Warenlieferung ohne diese Pflichtinformationen versendet. Allein die Bereitstellung dieser Informationen über einen Link auf die Webseite von Amazon genügt nicht.
Versandkosten auf Amazon
Selbstverständlich müssen Onlinehändler auch auf Amazon die Vorgaben der Preisangabenverordnung (PAngV) beachten. So müssen Versandkosten angegeben werden. Dabei muss der Hinweis auf Versandkosten dem Angebot eindeutig zugeordnet werden können, leicht erkennbar, wahrnehmbar und deutlich lesbar sein. Der Hinweis darf mit einem Sternchen versehen werden. Übliche Formulierungen sind dabei „*inkl. MwSt, zzgl. Versand“. Es reicht nicht aus, in den AGB über die Versandkosten und deren Höhe zu informieren.
Auch bei Versandkosten drohen technische Fehler bei Amazon. So ist es bereits vorgekommen, dass Amazon Händler die Versandkosten mit viel Mühe bei Amazon hinterlegt haben, diese jedoch plötzlich nicht mehr angezeigt wurden, da sie von Amazon - warum auch immer - entfernt wurden. In diesem Fall erschien dann lediglich ein allgemeiner Amazon-Hinweistext, wie Käufer die jeweiligen Versandkosten ermitteln können. Ein solcher Hinweis genügt natürlich nicht den Vorgaben der PAngV. Werden Versandkosten nicht angezeigt, kann dies ebenfalls abgemahnt werden.
Tipp: Amazon-Händler sollten daher auch werktäglich kontrollieren, ob die Versandkosten angezeigt werden. Werden diese nicht angezeigt, drohen Abmahnnungen.
Grundpreisangabe auf Amazon
Ferner müssen Amazon Händler bei Produkten, die nach Gewicht, Volumen, Länge oder Fläche verkauft werden, gem. § 2 Abs. 1 PAngV neben dem Gesamtpreis und der Mehrwertsteuer grundsätzlich auch den Grundpreis angeben. Die Grundpreisangabe soll dem Verbraucher einen leichteren Preisvergleich ermöglichen, insbesondere bei Verpackungen unterschiedlicher Füllmenge. Die Mengeneinheiten für den Grundpreis sind dabei seit dem 28.05.2022: 1 Kilogramm, 1 Liter, 1 Kubikmeter, 1 Meter bzw. 1 Quadratmeter.
Achtung: Die Ausnahme, dass bei Waren, deren Nenngewicht geringer als 250 g/ml ist, der Grundpreis auch in 100 g/ml angegeben werden darf, gilt seit dem 28.05.2022 übrigens nicht mehr. Seit dem 28.05.2022 muss der Grundpreis unabhängig vom Gewicht bzw. Volumen stets in Bezug auf ein Kilogramm bzw. einen Liter angegeben werden.
Dabei ist darauf zu achten, dass der Grundpreis in den Amazon-Suchergebnissen, auf der Amazon-Angebotsseite, in der Cross-Selling-Ansicht „Gesponserte Produkte zur Auswahl“ sowie in der Ansicht der „Angebot für dieses Produkt“ erscheinen muss. Ein Verstoß gegen das Gebot der Grundpreisangabe stellt gleichzeitg einen UWG Verstoß dar, der abgemahnt werden kann.
Tipp: Amazon-Verkäufer sollten daher auch werktäglich kontrollieren, ob der Grundpreis an allen relevanten Stellen richtig angezeigt wird. Verstöße gegen die Pflicht zur Grundpreisangabe können abgemahnt werden.
Produktbilder und automatische Bebilderung auf Amazon
Ohne Produktbilder geht auch auf Amazon nichts. Man ahnt es schon: Auch hier lauern zahlreiche rechtliche Probleme.
⇒ Abmahnrisiko Produktbilder - Worauf Onlinehändler achten müssen!
So dürfen Amazon Händler nur Produktbilder auf Amazon hochladen, die sie selbst erstellt haben oder bei denen der Urheber die Nutzung auf Amazon gestattet hat. Da jedes Produktfoto urheberrechtlich geschützt ist, stellt die unerlaubte Nutzung von Produktfotos eine Urheberrechtsverletzung dar, die abgemahnt werden kann.
Achtung: Amazon-Händler haften auch, wenn ihre Angebote mit Produktbildern bebildert werden, die nie vom Urheber bzw. mit dessen Zustimmung auf Amazon hochgeladen worden sind (LG Stuttgart, 25.02.2014, Az. 17 S 4/13). In diesem Fall hat Amazon keine urheberrechtlichen Nutzungsrechte erworben und kann solche daher auch nicht an Amazon Händler weitergeben. Einen gutgläubigen Erwerb von urheberrechtlichen Nutzungsrechten gibt es nicht.
Zudem ist darauf zu achten, dass die verwendeten Produktbilder dem eigenen Angebot entsprechen. Andernfalls liegt eine wettbewerbsrechtliche Irreführung vor, die abgemahnt werden kann. Hintergrund ist, dass der Verkehr eine Produktabbildung als maßgeblichen Teil der Produktbeschreibung auffasst. Ist z.B. auf dem Produktbild ein neues oder bestimmtes Modell abgebildet, darf kein älteres oder anderes Modell verkauft werden.
Befinden sich auf dem Produktfoto Gegenstände, die nicht mitverkauft werden, muss darauf klar hingewiesen werden. Andernfalls liegt eine wettbewerbsrechtliche Irreführung vor, die abgemahnt werden kann. Der aufklärende Hinweis muss „sofort ins Auge fallen“, also am Blickfang des Produktfotos teilnehmen. Ein Hinweis in der Produktbeschreibung genügt nicht. Ausreichend ist dagegen ein am Blickfang teilnehmender Sternchenhinweis, der in der Produktbeschreibung aufgelöst wird.
Achtung: Amazon Händler haften auch für die automatische Bebilderung, insbesondere dafür, dass Amazon aufgrund von Algorithmus-Problemen unpassende Produktbilder auswählt (OLG Frankfurt a. M., Beschl. v. 18.03.2021, Az. 6 W 8/18). Amazon Händler müssen z.B. damit rechnen, dass der Programmalgorithmus von Amazon aus allen hinterlegten Produktbildern jeweils ein beliebiges auswählt, so dass es zumindest theoretisch immer zu falschen Darstellungen kommen kann.
Tipp: Amazon Händler sollten daher ihre Amazon Angebote auch werktäglich hinsichtlich der Bebilderung kontrollieren, insbesondere ob diese zum eigenen Angebot passen.
Markenrechtsverletzungen auf Amazon
Zudem drohen beim Anhängen auf Amazon auch Markenrechtsverletzungen. Handelt es sich z.B. bei dem Produkt, an das man sich anhängt, um ein Markenprodukt und ist die Marke in der „von-Zeile" angegeben, liegt eine Markenrechtsverletzung vor, wenn der Anhängende nicht das identische Markenprodukt anbietet (LG Köln, Beschl. v. 21.10.2014, Az. 81 O 100/14; LG Düsseldorf, Urt. v. 28.05.2014, Az. 2a O 277/13; OLG Düsseldorf, Urt. v. 12.05.2015, Az. I-20 U 92/14; LG Düsseldorf, Urt. v. 20.01.2014, Az. 2a O 58/13).
⇒ Abmahnrisiko: Gefahren beim Anhängen an bestehende Angebote auf Amazon.
Falsche Produkteinordnung durch Amazon
Bekanntlich werden Produkte auf Amazon in Produktkategorien eingeordnet und angezeigt. Nach der Rechtsprechung haften Amazon Händler auch für falsche von Amazon vorgenommenen Produkteinordnungen (LG Freiburg, Urt. v. 07.08.2017, Az. 12 O 141/15).
So erging es einem Amazon Händler, der Lampen anbot. Ausweislich der Artikelbeschreibung konnten die Lampen theoretisch auch an einem Fahrrad montiert werden. Amazon ordnete dieses Angebot daher in der Rubrik „Radsport, Beleuchtung, Lampensets“ ein. Dies wurde als wettbewerbsrechtliche Irreführung beanstandet. Denn der Lampe fehlte die entsprechende StVZO-Genehmigung. Nach Ansicht des Gerichts haftet der Amazon Händler für die Fehlsortierung von Amazon. Dies, obgleich er in der Artikelbeschreibung darauf hingewiesen hatte, dass keine entsprechende Zulassung bestand. Denn – so das Gericht - wenn Amazon durch die Einteilung von Rubriken mit dazu beiträgt, dass Produkte entgegen dem Warnhinweis zu einer verbotenen Nutzung beworben werden, so sei dies keineswegs überraschend.
FAZIT
Der Verkauf über Amazon birgt erhebliches Abmahnpotential. Amazon Händler haben weder Einfluss auf die Rechtskonformität bestehender Produktseiten, auf die passende bzw. urheberrechtlich korrekte Bebilderung ihrer Angebote, die rechtskonforme Ausgestaltung des Checkouts noch können sie nachträgliche Änderungen der Produktpräsentation verhindern; sie werden über spätere Änderungen nicht einmal benachrichtigt.
Daher sollte jeder Amazon Händler seine Angebote auf Amazon werktäglich prüfen und überwachen, insbesondere ob nachträgliche Änderungen vorgenommen worden sind und die Bebilderung zum Angebot passt. Auch die Anzeige der Rechtstexte und der Preisangaben sollte kontrolliert werden.
Sollten Amazon Händler eine Abmahnung erhalten, sollten sie sich anwaltlich beraten lassen. Abmahnungen sind schon ärgerlich und teuer. Noch ärgerlicher und teurer wird es, wenn Amazon Händler auf eine Abmahnung nicht oder falsch reagieren. So birgt die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung die Gefahr von Vertragsstrafen. Während Onlinehändler im eigenen Onlineshop weitestgehend die Verfügungsgewalt über die Darstellung haben, sitzen Amazon Verkäufer auf einem Pulverfass. Denn Amazon Händler haften nicht nur für eigene Fehler, sondern auch für durch andere Amazon Händler oder durch Amazon verursachte Wettbewerbsverstöße.
Haben Sie Fragen zum rechtssicheren Verkauf auf Amazon? Oder haben Sie eine Abmahnung wegen Angebote auf Amazon erhalten? Ich berate und vertrete auch Sie gerne.
Fachanwältin für gewerblichen Rechtsschutz Denise Himburg – Ihre Anwältin für Wettbewerbsrecht mit mehr als 20 Jahren Praxiserfahrung im E-Commerce-Recht.