Der BGH hat mit Urteil vom 24.08.2016 entschieden, dass ein eBay-Verkäufer, der im Rahmen einer eBay-Auktion auf von ihm selbst zum Kauf angebotene Gegenstände über ein weiteres eBay-Konto Gebote abgibt, um auf diese Weise den Preis hochzutreiben, sich schadensersatzpflichtig macht.
Sachverhalt: Preistreiberei eines eBay Verkäufers durch eigene Gebote
Im Juni 2013 bot der Beklagte auf eBay einen gebrauchten PKW Golf 6 im Wege einer Internetauktion mit einem Startpreis von 1 Euro zum Verkauf an. Diesen Betrag bot ein unbekannt gebliebener Fremdbieter. Als einziger weiterer Fremdbieter beteiligte sich der Kläger an der Auktion. Dabei wurde er vom Beklagten, der über ein zweites Benutzerkonto Eigengebote abgab, immer wieder überboten. Derartige Eigengebote sind nach den AGB von eBay unzulässig. Bei Auktionsschluss lag ein "Höchstgebot" des Beklagten über 17.000 EUR vor, so dass der Kläger mit seinem danach in gleicher Höhe abgegebenen Gebot nicht mehr zum Zuge kam.
Der Kläger ist der Auffassung, er habe das Kraftfahrzeug für 1,50 EUR - den auf 1 EUR folgenden nächsthöheren Bietschritt - ersteigert, da er ohne die unzulässige Eigengebote des Beklagten die eBay-Auktion bereits mit einem Gebot in dieser Höhe "gewonnen" hätte.
Höchstbietender verlangt Schadensersatz von preistreibendem eBay-Verkäufer
Nachdem der Beklagte ihm mitgeteilt hatte, das Fahrzeug bereits anderweitig veräußert zu haben, verlangte der Kläger Schadensersatz in Höhe des von ihm mit mindestens 16.500 EUR angenommenen Marktwerts des Fahrzeugs.
Entscheidungen Vorinstanzen: LG gibt Schadensersatzklage statt, OLG weist Klage ab
Die Schadensersatzklage hatte in der ersten Instanz Erfolg. Auf die Berufung des Beklagten hat das Oberlandesgericht das erstinstanzliche Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen. Hierbei ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass zwischen den Parteien aufgrund der Internetauktion ein Kaufvertrag über den Gebrauchtwagen zu einem Preis von 17.000 EUR zustande gekommen ist. Es komme insoweit auf das zuletzt vom Kläger abgegebene Gebot an, auch wenn der Beklagte den Kaufpreis durch seine rechtlich unwirksamen Eigengebote unzulässigerweise in die Höhe getrieben habe. Im Ergebnis habe der Kaufpreis somit den Verkehrswert des Fahrzeugs überstiegen, so dass dem Kläger aus dem Kaufvertrag selbst und dessen Nichterfüllung kein Schaden entstanden sei. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
BGH verurteilt eBay-Verkäufer zur Zahlung von Schadensersatz
Der BGH hob das klageabweisende Urteil des Berufungsurteils auf und gab der Schadensersatzklage im Ergebnis statt.
Der BGH bekräftigte zunächst seine Rechtsprechung, dass sich der Vertragsschluss bei eBay-Auktionen nicht nach § 156 BGB (Versteigerung) beurteilt, sondern nach den allgemeinen Regeln des Vertragsschlusses (Angebot und Annahme, §§ 145 ff. BGB). Danach richte sich das von einem Anbieter im Rahmen einer eBay-Auktion erklärte Angebot nur an "einen anderen", mithin an einen von ihm personenverschiedenen Bieter. Damit konnte der Beklagte durch seine Eigengebote von vornherein keinen Vertragsschluss zustande bringen. Der vorliegende Fall sei zudem durch die Besonderheit gekennzeichnet, dass außer dem Startgebot von 1 EUR und den Geboten des Klägers kein sonstiges reguläres Gebot abgegeben wurde, so dass der Kläger den streitgegenständlichen Gebrauchtwagen zum Preis von 1,50 EUR ersteigern konnte.
Eigene Gebote von eBay Verkäufern zählen nicht
Der Beklagte gab dadurch, dass er die Auktion des zum Verkauf gestellten Fahrzeugs mit einem Anfangspreis von 1 EUR startete, ein verbindliches Verkaufsangebot i.S.v. § 145 BGB ab, welches an denjenigen Bieter gerichtet war, der zum Ablauf der Auktionslaufzeit das Höchstgebot abgegeben haben würde. Bereits aus der in § 145 BGB enthaltenen Definition des Angebots - die auch dem in den eBay-AGB vorgesehenen Vertragsschlussmechanismus zugrunde liege - ergebe sich aber, dass die Schließung eines Vertrages stets "einem anderen" anzutragen sei. Mithin konnte der Beklagte mit seinen über das zusätzliche Benutzerkonto abgegebenen Eigengeboten von vornherein keinen wirksamen Vertragsschluss herbeiführen. Das höchste zum Auktionsablauf abgegebene Gebot stammte daher vom Kläger. Es betrug allerdings - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts - nicht 17.000 EUR, sondern lediglich 1,50 EUR. Denn auch wenn er seine zahlreichen Maximalgebote immer wieder und zuletzt auf 17.000 EUR erhöhte, gab er damit noch keine auf das jeweilige Maximalgebot bezifferte und auf den Abschluss eines entsprechenden Kaufvertrages gerichteten Annahmeerklärungen ab. Deren Inhalt erschöpfte sich vielmehr darin, das im Vergleich zu den bereits bestehenden Geboten regulärer Mitbieter jeweils nächsthöhere Gebot abzugeben, um diese Gebote um den von eBay jeweils vorgegebenen Bietschritt zu übertreffen und auf diese Weise bis zum Erreichen des von ihm vorgegebenen Maximalbetrages Höchstbietender zu werden oder zu bleiben. Nachdem aber außer den unwirksamen Eigengeboten des Beklagten nur ein einziges reguläres Gebot in Höhe von 1 Euro auf den Gebrauchtwagen abgegeben worden war, wurde der Kläger mit dem nächsthöheren Gebot von 1,50 EUR Höchstbietender.
Schnäppchenpreis führt nicht zur Sittenwidrigkeit des Kaufvertrages
Es begründe keine Sittenwidrigkeit des Kaufvertrages, dass dieser damit im Ergebnis zu einem weit unter dem Verkehrswert liegenden Betrag zustande kam, da es - wie der BGH in der Vergangenheit bereits entschieden hat - gerade den Reiz einer Internetauktion ausmache, den Auktionsgegenstand zu einem "Schnäppchenpreis" erwerben zu können. Dass der Kläger nach dem Auktionsergebnis die Lieferung des Fahrzeugs für einen eher symbolischen Kaufpreis von 1,50 EUR habe beanspruchen können, beruhe allein auf dem erfolglosen Versuch des Beklagten, den Auktionsverlauf in unlauterer Weise zu seinen Gunsten zu manipulieren.
BGH, Urteil vom 24.08.2016, Az.: VIII ZR 100/15
Quelle: PM des BGH vom 24.08.2016