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Ob bewusst oder unbewusst, geben sich insbesondere Verkäufer auf eBay und eBay-Kleinanzeigen als Privatverkäufer aus, obwohl sie die Schwelle zum gewerblichen Verkäufer (längst) überschritten haben. Eine falsche Angabe als privater Verkäufer kann erhebliche rechtliche Konsequenzen haben. So unterliegen Einnahmen aus gewerblichen Verkäufen der Umsatzsteuer. Zudem drohen wettbewerbsrechtliche Abmahnungen von Konkurrenten oder Wettbewerbsverbänden. Auch strafrechtliche Konsequenzen sind nicht ausgeschlossen. Doch wann handeln Verkäufer auf eBay (noch) privat oder (schon) gewerblich? Diese Frage ist nicht immer leicht zu beantworten, gibt es keine festen Grenzwerte. Die Rechtsprechung stellt auf das "Gesamtbild" ab. Auch der BFH hat sich in den vergangenen Jahren mehrfach mit dem Thema "Verkäufe auf eBay" befasst, zuletzt in seinem Urteil vom 12.05.2022. 

Grundsätze Abgrenzung "privater Verkäufer" - "gewerblicher Verkäufer"

Die Frage, wann Verkäufe als (noch) privat oder (schon) gewerblich einzuordnen sind, ist nicht immer einfach zu beantworten, gibt es keine gesetzlichen Grenzwerte. Die Frage ist nach dem „Gesamtbild“ zu beantworten. Nun, damit ist man genau so schlau wie vorher.

Nach der Rechtsprechung sind bei der Einschätzung bestimmte Kriterien (z.B. Dauer und Intensität des Tätigwerdens, organisatorischer Aufwand, Sortiment (Neuware), Anzahl und Gleichzeitigkeit von Auktionen, Verkaufsvolumen, erhaltene Bewertungen) zu würdigen. Diese sind jedoch nur Indizien, d.h. das Vorliegen eines Kriteriums genügt nicht, um Gewerblichkeit zu bejahen.

Mit der Frage, wann Verkäufe gewerblich sind, musste sich auch der BFH bereits wiederholt befassen, zuletzt in einem Urteil vom 12.05.2022.

BFH Urteil 2012: 1.200 Verkäufe in 3,5 Jahren = Unternehmer

In seinem BFH Urteil vom 26.04.2012 (Az. V R 2/11) wies der BFH darauf hin, dass bei der Frage, ob Verkäufe auf eBay gewerblich oder privat seien, eine Reihe verschiedener Kriterien zu würdigen seien, die je nach dem Einzelfall in unterschiedlicher Gewichtung für oder gegen die Nachhaltigkeit der Einnahmeerzielung sprechen können. Insbesondere seien folgende Aspekte zu berücksichtigen:
• Dauer und Intensität des Tätigwerdens
• Höhe der Entgelte
• Beteiligung am Markt
• Zahl der ausgeführten Umsätze
• planmäßiges Tätigwerden
• Unterhalten eines Geschäftslokals

Im dortigen Fall wurden auf eBay von November 2001 bis Juni 2005 eine Vielzahl von Gegenständen aus verschiedenen Produktkategorien angeboten und mehr als 1.200 Verkäufe getätigt. Die Einnahmen stiegen jährlich und bezifferten sich am Ende zwischen 20.000 EUR und 30.000 EUR. Der BFH stufte die Tätigkeit auf Grund „nachhaltiger unternehmerischer Tätigkeit“ als gewerblich ein, so dass sie der Umsatzsteuerpflicht unterliegen.

BFH Urteil 2015: 140 Auktionen (Pelzmäntel) in 2 Jahren = Unternehmer

2015 befasste sich der BFH erneut mit der Thematik „privater oder gewerblicher Verkauf auf eBay“. Mit BFH Urteil vom 12.08.2015 (Az XI R 43/15) entschied der BFH, dass eine Verkäuferin, die auf ebay innerhalb von ca. zwei Jahren 140 Auktionen mit Pelzmänteln abwickelt, unternehmerisch handelt. Diese eBay Verkäuferin hatte durchschnittlich weniger als 6 Artikel / Monat auf eBay verkauft. Das erscheint auf den ersten Blick wenig. Aber bei der Ware handelte es sich eben um Pelzmäntel. Wer verkauft schon jedes Jahr 6 Pelzmäntel privat?

Auf die Dame kam die Steuerfahndung durch eine anonyme Anzeige eines "ehrlichen Bürgers", der angab, ihm sei aufgefallen, dass die Klägerin (eine Finanzdienstleisterin) und ihr Ehemann über eBay unter verschiedenen Namen (Nicknames) "mehrere Hundert Pelzware" verkaufe. Die Außenprüfung ließ nicht lange auf sich warten.

BFH Urteil 2022: 3.000 Auktionen (Haushaltsauflösungen) in 5 Jahren = Unternehmer

Ein besonderes Problem stellen Verkäufe dar, die aufgrund von Haushaltsauflösungen vorgenommen werden. Aber auch hier gilt Vorsicht, denn jedenfalls der planmäßige Einkauf und Verkauf von Waren aus Haushaltsauflösungen auf ebay ist gewerblich und unterliegt daher der Umsatzsteuer (BFH, Urteil vom 12.05.2022, Az. V R 19/20). Ein Verkäufer, der auf jährlich mehreren hundert Auktionen Waren über ebay verkauft, gewerblich handelt, übt eine umsatzsteuerrechtlich unternehmerische Tätigkeit i.S. des § 2 Abs. 1 UStG aus.

Die dortige Verkäuferin hatte von 2009 bis 2013 Gegenstände aus Haushaltsauflösungen angekauft und diese in eBay-Auktionen zum Verkauf angeboten. Sie hatte vier Konten auf ebay angelegt und zwei Girokonten eröffnet. 2009 verkaufte sie auf 577 Auktionen, 2010 auf 1.057 Auktionen, 2011 auf 628 Auktionen, 2012 auf 554 Auktionen und 2013 auf 260 Auktionen Waren über eBay. Steuererklärungen gab sie nicht ab. Eine Steuerfahndungsprüfung ergab Einnahmen von 380.000 EUR.

Die so Ertappte zeigte sich jedoch kampfesbereit und vertrat die Ansicht, sie sei nicht als gewerbliche Verkäuferin anzusehen. Sie habe weder ein Konzept noch eine Organisation noch Vorkenntnisse im Handel. Sie kaufe die auf eBay angebotenen Gegenstände lediglich gelegentlich aus Haushaltsauflösungen an und verkaufe diese auf eBay nur über 1-EUR-Auktionen, oft deutlich unter Einkaufswert. Ihr Ziel sei der Nervenkitzel bzw. die Spannung gewesen, zu welchem Preis die Gegenstände gekauft würden. Für sie sei es Zeitvertreib bzw. Hobby bzw. Liebhaberei gewesen. Es überrascht nicht, dass der BFH dieser Einschätzung nicht folgte.

"Danach ist im vorliegenden Streitfall die Würdigung des FG, wonach es sich bei den Verkäufen um eine nachhaltige Tätigkeit i.S. des § 2 Abs. 1 UStG handelt, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Das FG hat ausdrücklich auf das Gesamtbild der Verhältnisse und die Verkehrsanschauung abgestellt und berücksichtigt, dass die Klägerin ihre Verkaufstätigkeit über viele Jahre hinweg nachhaltig ausgeübt hat, weil auch die Anzahl der Verkäufe von beträchtlichem Umfang war. So hat die Klägerin 2009 auf 577 Auktionen, 2010 auf 1 057 Auktionen, 2011 auf 628 Auktionen, 2012 auf 554 Auktionen und 2013 auf 260 Auktionen Waren veräußert. Das FG hat weiter berücksichtigt, dass der Umfang dieser Tätigkeit eine Betriebsorganisation erforderte. Sie hat Verpackungsmaterial kaufen, Waren verpacken, Porto zahlen und digitale Bilder der angebotenen Gegenstände fertigen müssen. Das FG hat diesen Sachverhalt ohne Verstoß gegen Denkgesetze und ohne Vernachlässigung wesentlicher Umstände dahingehend gewürdigt, dass eine intensive und langfristige Verkaufstätigkeit unter Nutzung bewährter Vertriebsmaßnahmen ("ebay"-Plattform) vorliegt, die deshalb als nachhaltig i.S. des § 2 Abs. 1 UStG zu beurteilen ist. Es kommt auch nicht darauf an, ob die Klägerin einen privaten oder einen gewerblichen Zugang gewählt hat, weil die Merkmale der unternehmerischen Tätigkeit keinem Wahlrecht unterliegen.

Auf das Vorliegen einer Gewinnerzielungsabsicht kommt es im Umsatzsteuerrecht gemäß § 2 Abs. 1 Satz 3 UStG nicht an.“

Praxishinweis:

Bei (bewussten oder unbewussten) Schwarzverkäufen auf eBay & Co. droht nicht nur vom Finanzamt Ungemach in Form von Nachzahlungen. Auch Wettbewerber, die sich beim Onlinehandel gesetzeskonform verhalten, können verärgert sein und mit wettbewerbsrechtlichen Abmahnungen reagieren und Klagen wegen Wettbewerbsverstoß einreichen. Denn scheinprivate Verkäufer auf eBay verstoßen in glecih mehrfacher Hinsicht gegen die im Onlinehandel geltenden gesetzlichen Informationspflichten (Impressum, Widerruf, AGB, Preisangaben, Produktkennzeichnungsvorgaben, Gewährleistung). Verstöße gegen gesetzliche Informationspflichten sind unlauter im Sinne von § UWG und daher wettbewerbswidrig.

Haben Sie Fragen zu Verkäufen auf ebay & Co? Oder haben Sie eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung wegen Verkäufe auf eBay erhalten? Ich berate auch Sie gerne.
Fachanwältin für gewerblichen Rechtsschutz Denise Himburg – Ihre Anwältin für Wettbewerbsrecht mit mehr als 20 Jahren Praxiserfahrung im Wettbewerbsrecht, Online-Marketingrecht und E-Commere-Recht.