Das OLG Köln hat mit Urteil vom 11.3.2016 entschieden, dass das Vorhalten eines Kontaktformulars auf einer Webseite wettbewerbswidrig ist, wenn auf der Webseite eine Datenschutzerklärung fehlt. Dieser Wettbewerbsverstoß kann daher auch von Mitbewerbern kostenpflichtig abgemahnt werden.
Sachverhalt: Website mit Kontaktformular, aber ohne Datenschutzerklärung
Die Parteien bieten jeweils Steuerberatungsdienstleistungen an. Die Antragsgegnerin hielt auf ihrer Website ein Kontaktformular vor. Jedoch fand sich weder auf der Webseite mit dem Kontaktformular noch an anderer Stelle des Internetauftritts eine Datenschutzerklärung, in der der Nutzer über Art, Umfang und Zweck der Datenerhebung und -verwendung informiert wurde. Auch ein Hinweis auf die jederzeitige Widerrufsmöglichkeit der Einwilligung in die Datennutzung fehlte.
Die Antragstellerin sah in der fehlenden Datenschutzerklärung einen Verstoß gegen § 13 TMG und zugleich einen Wettbewerbsverstoß. Nach § 13 Abs. 1 S. 1 TMG hat der Diensteanbieter den Nutzer zu Beginn des Nutzungsvorgangs über Art, Umfang und Zwecke der Erhebung und Verwendung personenbezogener Daten sowie über die Verarbeitung seiner Daten im EU-Ausland in allgemein verständlicher Form zu unterrichten, sofern eine solche Unterrichtung nicht bereits erfolgt ist. Nach § 13 Abs. 2 TMG kann die Einwilligung elektronisch erklärt werden, wenn der Diensteanbieter sicherstellt, dass
1. der Nutzer seine Einwilligung bewusst und eindeutig erteilt hat,
2. die Einwilligung protokolliert wird,
3. der Nutzer den Inhalt der Einwilligung jederzeit abrufen kann und
4. der Nutzer die Einwilligung jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen kann.
Nach § 13 Abs. 3 S. 1 TMG hat der Diensteanbieter den Nutzer vor Erklärung der Einwilligung auf sein Widerrufsrecht hinzuweisen.
Aufgrund der fehlenden Datenschutzerklärung mahnte die Antragstellerin die Antragsgegnerin ab. Da die Antragsgegnerin nicht die geforderte strafbewehrte Unterlassungserklärung abgab, beantragte die Antragstellerin den Erlass einer einstweiligen Unterlassungsverfügung gegen die Antragsgegnerin.
Vorinstanz (LG Köln): Fehlende Datenschutzerklärung ist wettbewerbswidrig
Das Landgericht Köln verurteilte die Antragsgegnerin wegen der fehlenden Datenschutzerklärung und des damit zugleich vorliegenden Wettbewerbsverstoßes zur Unterlassung (LG Köln, Urteil von 9.7.2015, 31 O 126/15). Hiergegen legte die Antragsgegnerin Berufung vor dem OLG Köln ein - erfolglos.
OLG Köln: Kontaktformular ohne Datenschutzerklärung ist wettbewerbswidrig
Das OLG Köln bestätigte das Urteil des LG Köln und somit die Verurteilung der Antragsgegnerin zur Unterlassung.
Zunächst stellte das Gericht fest, dass es sich beim Bereithalten eines Online-Kontaktformulars um eine geschäftliche Handlung im Sinne des UWG handele, da dieses der Kundenakquise diene.
§ 13 TMG ist Marktverhaltensvorschrift im Sinne des UWG
Sodann widmete sich das Gericht der relevanten Frage, ob es sich bei § 13 TMG um eine Markverhaltensvorschrift im Sinne des UGW handelt. Die Beantwortung dieser Frage ist wichtig, da nur Verstöße gegen Marktverhaltensvorschriften zugleich Wettbewerbsverstöße darstellen, also abgemaht werden können.
Das OLG Köln vertritt (wie schon andere Gerichte) die Ansicht, dass es sich bei § 13 TMG um eine Marktverhaltensvorschrift im Sinne des UWG handele und verwies insoweit auf die Rechtsprechung des OLG Hamburg. Das OLG Hamburg hatte bereits mit Urteil vom 27.6.2013 (Az.: 3 U 26/12) entschieden, dass § 13 TMG eine Marktverhaltensvorschrift ist. Es hat hierzu ausgeführt:
"Nach § 13 Abs. 1 TMG hat der Diensteanbieter den Nutzer zu Beginn des Nutzungsvorgangs über Art, Umfang und Zwecke der Erhebung und Verwendung personenbezogener Daten (...) in allgemein verständlicher Form zu unterrichten, sofern eine solche Unterrichtung nicht bereits erfolgt ist.
Bei dieser Norm handelt es sich nach Auffassung des Senats um eine im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG das Marktverhalten regelnde Norm (...). Entgegen der Auffassung des Kammergerichts (...) handelt es sich (...) bei dem Verstoß gegen § 13 TMG nicht nur um die Mißachtung einer allein überindividuelle Belange des freien Wettbewerbs regelnden Vorschrift. Denn § 13 TMG soll ausweislich der (...) Erwägungsgründe der Datenschutzrichtlinie jedenfalls auch die wettbewerbliche Entfaltung des Mitbewerbers schützen, indem gleiche Wettbewerbsbedingungen geschaffen werden. Die Vorschrift dient mithin auch dem Schutz der Interessen der Mitbewerber und ist damit eine Regelung i.S. des § 4 Nr. 11 UWG, die dazu bestimmt ist, das Marktverhalten im Interesse der Marktteilnehmer zu regeln (...). Angesichts der vorgenannten, der Datenschutzrichtlinie zugrundeliegenden Erwägungen ist darüber hinaus anzunehmen, dass die Aufklärungspflichten auch dem Schutz der Verbraucherinteressen bei der Marktteilnahme, also beim Abschluss von Austauschverträgen über Waren und Dienstleistungen, dienen, indem sie den Verbraucher über die Datenverwendung aufklären und dadurch seine Entscheidungs- und Verhaltensfreiheit beeinflussen (...).“
Webseite mit Kontaktformular muss Datenschutzerklärung haben
Diesen Ausführungen schloss sich das OLG Köln nach eigener Überprüfung an. Da die Antragsgegnerin im Zusammenhang mit ihrem Kontaktformular keine Informationen zur Datenerhebung und -nutzung bereitgestellt hat, habe sie daher zugleich wettbewerbswidrig gehandelt.
Der Ansicht der Antragsgegnerin, vorliegend ergäbe sich aus dem Kontaktformular selbst, Art und Umfang der Datenerhebung und -nutzung, eine Datenschutzerklärung sei daher entbehrlich gewesen, erteilte das OLG Köln eine klare Abfuhr:
"Soweit sie [die Antragsgegnerin] darauf verweist, dass sich eine Information erübrigt habe, weil sich Art, Umfang und Zweck der Erhebung und Verwendung der personenbezogenen Daten aus dem Kontaktformular selbst ergeben hätten und damit bereits eine Unterrichtung iSd § 13 TMG erfolgt sei, kann dieser Ansicht nicht beigetreten werden. Da die Norm gerade eine allgemein verständliche Unterrichtung bezweckt, kann eine solche nicht dadurch entbehrlich werden, dass sich ein Verbraucher gegebenenfalls aus der Art der Datenerhebung und aus den Umständen selbst herleiten kann, welche Daten wofür konkret verwendet werden. Eine anderweitige Unterrichtung kann vom Wortlaut her bereits nicht die eigene Auslegung durch den Verbraucher sein, da eine Unterrichtung einen Hinweis durch einen Dritten voraussetzt.
Zwar stellt sich die Frage, ob in richlinienkonformer Auslegung die Einschränkung aufgrund anderweitiger „Unterrichtung“ dahingehend auszulegen ist, dass eine Information nur erforderlich ist, „sofern sie unter Berücksichtigung der spezifischen Umstände, unter denen die Daten erhoben werden, notwendig sind, um gegenüber der betroffenen Person eine Verarbeitung nach Treu und Glauben zu gewährleisten“, wie es in Art 10 der Datenschutzrichtlinie normiert ist. Diese Frage kann jedoch dahingestellt bleiben, weil jedenfalls im Rahmen der hier in Rede stehenden Kontaktdatenangabe keine Einwilligung erteilt wird, die jederzeit abrufbar wäre und zudem keine Information erfolgt, dass die Einwilligung jederzeit widerrufen werden kann (§ 13 Abs. 2 Nr. 3, 4 iVm Abs. 2 TMG), obwohl nach § 12 Abs. 1 TMG der Diensteanbieter personenbezogene Daten nur erheben und verwenden darf, soweit dieses Gesetz oder eine andere Rechtsvorschrift es erlaubt oder der Nutzer eingewilligt hat.“
OLG Köln, Urteil vom 11.03.2016, Az.: 6 U 121/15
Fazit
Jeder Webseitenbetreiber, der personenbezogene Daten von Nutzern erhebt, verarbeitet und nutzt, muss die Nutzer vor Beginn der Nutzung ausführlich über Art, Umfang und Zweck der Datenerhebung und -nutzung in einer allgemein verständlichen Datenschutzerklärung informieren. Unterlässt er dies, verstößt er nicht nur gegen § 13 TMG, sondern handelt zugleich wettbewerbswidrig mit der Folge, dass Wettbewerber und Wettbewerbsverbände ihn kostenpflichtig abmahnen können.