Das Landgericht Düsseldorf hatte sich mit der interessanten Frage zu beschäftigen, ob das Nachmalen von Gemälden eine Urheberrechtsverletzung darstellt. Im vorliegenden Fall hatte ein Künstler mehrere Gemälde eines international bekannten Malers nachgemalt und anschließend verkauft. Das Gericht bejahte aufgrund der Ähnlichkeit zwischen den Originalen und den vom Beklagten nachgeschaffenen Bildern eine Urheberrechtsverletzung und sprach dem geschädigten Künstler erheblichen Schadensersatz (26.000 Euro) zu.
Sachverhalt: Künstler malt Bilder nach Vorlage berühmter Gemälde
Der Beklagte, ein Künstler, der sich hauptsächlich auf das Nachmalen von Gemälden spezialisiert hat, fertigte nach Motiven von drei Gemälden des international bekannten Malers Leon Löwentraut Bilder an. Die von ihm angefertigten Bilder signierte er mit seinem Namen und bot sie zum Verkauf an. Des Weiteren veröffentlichte er die von ihm angefertigten Bilder auf seinem Instagram-Account.
Löwentraut sah darin eine Urheberrechtsverletzung und verklagte den Künstler auf Unterlassung und Schadensersatz. Der Beklagte verteidigte sich damit, er habe die Bilder lediglich zu Übungszwecken nachgemalt und habe keinen kommerziellen Nutzen daraus ziehen zu wollen.
Urteil: Nachmalen von Gemälden ist Urheberrechtsverletzung
Die Klage von Löwentraut hatte Erfolg. Das Landgericht Düsseldorf verurteilte den Beklagten wegen Urheberrechtsverletzung zur Unterlassung und zur Zahlung von Schadensersatz.
Urheberrechtsverstoß durch Verkauf nachgemalter Kunstwerke unter eigenen Namen
Das Gericht bejahte eine Urheberrechtsverletzung, da der Gesamteindruck der originalen Gemälde von Löwentraut und der vom Beklagten im Wege des Nachmalens geschaffenen Gemälde übereinstimmte und der Beklagte keine eigene schöpferische Leistung erbracht habe. Daher seien die von ihm geschaffenen Bilder als Bearbeitungen zu bewerten. Bearbeitungen dürfen gem. § 23 Abs. 1 UrhG nur mit Zustimmung des Urhebers verwertet werden.
Nach § 16 Abs. 1 UrhG hat allein der Urheber das Recht, Vervielfältigungsstücke des Werkes herzustellen, gleichviel ob vorübergehend oder dauerhaft, in welchem Verfahren und in welcher Zahl.
Nach § 17 Abs. 1 UrhG hat allein der Urheber das Recht, das Original oder Vervielfältigungsstücke des Werkes der Öffentlichkeit anzubieten oder in Verkehr zu bringen.
Nach § 23 Abs. 1 UrhG dürfen Bearbeitungen und Umgestaltungen eines Werkes nur mit Zustimmung des Urhebers veröffentlicht oder verwertet werden. Wahrt das neu geschaffene Werk einen hinreichenden Abstand zum benutzten Werk, so liegt keine „Bearbeitung“ oder „Umgestaltung“ in diesem Sinne vor.
Ob der Beklagte die Gemälde (wie von ihm behauptet) nur zu "Übungszwecken“ nachgemalt habe, sei - so das Gericht - unerheblich, ebenso, ob er einen kommerziellen Zweck verfolgt habe. Eine Urheberrechtsverletzung setzt keinen kommerziellen Kontext voraus. Ungeachtet dessen, hatte der Beklagte die Bilder verkauft.
Weitere Informationen zu Bearbeitung vs. freie Benutzung, findest du hier: "Fremde Werke als Vorlage für eigene Werke - Zulässig?"
26.000 EUR Schadensersatz wegen Verkauf nachgemalter Gemälde
Neben der Unterlassung verurteilte das Gericht den Beklagten auch zur Zahlung von Schadensersatz. Den Schadensersatz bezifferte das Gericht auf 26.000 Euro. Dabei orientierte es sich an der Lizenzanalogie, wonach sich der Schadensersatz an den üblichen Lizenzgebühren für die Nutzung der jeweils in Rede stehende Werke orientiert.
LG Düsseldorf, Urteil vom 14.08.2024, Az. 12 O 156/24
Praxishinweis
📢 Das Urteil des LG Düsseldorf zeigt, dass eine Urheberrechtsverletzung nicht nur bei der direkten Vervielfältigung von Kunstwerken (z.B. bei der Herstellung von Kopien) vorliegen kann, sondern auch beim Nachmalen von Gemälden, sofern der Gesamteindruck zwischen Original und Nachschaffung übereinstimmt.
📸 Auch wenn fremde Fotos verwendet werden, ist das Urheberrecht zu beachten, sind Fotos stets urheberrechtlich geschützt. So kann auch das Abmalen eines Fotos eine Urheberrechtsverletzung darstellen. Das LG Hamburg musste beispielsweise entscheiden, ob ein Fotoausschnitt ohne Zustimmung des Fotografen als Grafik auf einem T-Shirt genutzt werden darf (LG Hamburg, Urteil vom 22.05.2022, 308 S 6/18).
❗ Künstler, die fremde Werke in ihren eigenen Arbeiten verwenden oder als Vorlage nutzen, müssen prüfen, ob hierfür eine Zustimmung des Urhebers erforderlich ist. Dies hängt davon ab, ob es sich bei dem neuen Werk um eine "Bearbeitung" (dann Zustimmung erforderlich) oder um eine "freie Benutzung" (dann keine Zustimmung erforderlich) handelt.
📌 Der Unterschied zwischen einer "Bearbeitung" und einer "freien Benutzung" liegt in der Art und dem Umfang der Übernahme des ursprünglichen Werks.
"Bearbeitung": Eine „Bearbeitung“ liegt vor, wenn die aus dem Originalwerk entlehnten eigenpersönlichen Züge in dem nachschaffenden Werk erkennbar bleiben. Bearbeitungen dürfen nur mit Zustimmung des Urhebers vervielfältigt und verbreitet werden.
„Freie Benutzung“: Eine "freie Benutzung" liegt vor, wenn ein hinreichender Abstand zwischen dem Original und dem neuen Werk besteht. Das Original darf daher nur als Inspiration dienen. Maßgebend ist ein Vergleich des Gesamteindrucks des Originals und des neuen Werks. Im Rahmen dieses Vergleichs sind sämtliche übernommenen schöpferischen Züge in einer Gesamtschau zu berücksichtigen.
Urheberrechtsverletzung: Liegt eine Bearbeitung vor, darf diese nur mit Zustimmung des Urhebers des Originals verwertet werden. Wird keine Zustimmung eingeholt, liegt eine Urheberrechtsverletzung vor, die zu teuren Abmahnungen und hohen Schadensersatzforderungen führen kann.
Weitere Informationen darüber, wann eine Bearbeitung und wann eine freie Benutzung vorliegt, findest du in meinem Blogbeitrag: "Fremde Werke als Vorlage für eigene Werke - Zulässig?"