Positive Bewertungen für Produkte und Onlineshops sind bares Geld wert. Viele Onlinehändler fragen sich jedoch, wie man überhaupt an Bewertungen kommt, besser noch an positive Bewertungen. Doch auch rund um Bewertungsanfragen lauern zahlreiche rechtliche Stolperfallen. So ist zu beachten, dass Bewertungsanfragen Werbung darstellen und nicht mit Gutscheinversprechen o.Ä. gekoppelt werden dürfen.
Bewertungsanfragen bzw. Feedbackanfragen sind Werbung
Da (positive) Bewertungen und daher auch daruaf abzielende Bewertungsanfragen der Absatzförderung dienen, fallen Bewertungsaufforderungen und Feedbackanfragen unter den Begriff „Werbung“.
Werbung per E-Mail nur mit ausdrücklicher Zustimmung erlaubt
Daher ist bei der Versendung von Bewertungsaufforderungen und Feedbackanfragen per E-Mail zu beachten, dass Werbung per E-Mail nur zulässig ist, wenn der Empfänger in den Erhalt von Werbung per E-Mail ausdrücklich eingewilligt hat. Dies ergibt sich aus § 7 Abs. 2 Abs. 3 UWG. Dass der Empfänger eingewilligt hat, muss der Onlinehändler im Zweifel beweisen. Nach der Rechtsprechung kann eine Einwilligung nur wirksam im Wege des sog. Double-Opt-In-Verfahrens eingeholt werden.
Liegt keine wirksame Zustimmung in E-Mail-Werbung vor bzw. kann der Onlinehändler eine solche Zustimmung nicht beweisen, können sowohl Betroffene als auch Mitbewerber und Verbände den Onlinehändler kostenpflichtig abmahnen.
Kalkulierbares Risiko bei Abmahnungen durch Betroffene
Eine Abmahnung durch Betroffene (Empfänger) ist dabei noch das kleinere Übel, gilt es nach Abgabe einer Unterlassungserklärung oder Verurteilung „nur“ sicher zu stellen, dass man an den Betroffenen keine Werbung mehr per E-Mail versendet. Auch die Abmahnkosten sind überschaubar. Jedoch können auch hier die Vertragsstrafen bei erneutem Spam mehrere Tausend EUR betragen.
Erhebliches Risiko bei Abmahnungen durch Wettbewerber und Verbände
Mahnt jedoch ein Wettbewerber oder Verband ab, kann es nicht nur richtig teuer werden (ist der Gegenstandswert der Abmahnung dann um ein Vielfaches höher), sondern der Onlinehändler mus nach Abgabe einer Unterlassungserklärung oder Verurteilung sicherstellen, dass er keine E-Mail-Werbung mehr an Dritte versendet, sofern diese nicht wirksam eingewilligt haben. Im schlimmsten Fall ist damit der gesamte E-Mail-Werbekanal tot, drohen andernfalls erhebliche Vertragsstrafen.
Um Vertragsstrafen zu vermeiden, kann es bei Abmahnungen durch Wettbewerber und Verbände auch durchaus empfehlenswert sein, keine Unterlassungserklärung abzugeben, sondern den Erlass einer einstweiligen Verfügung "zu kassieren" und diese hinzunehmen. Wird gegen diese verstoßen, kann der Abmahner nämlich keine Vertragsstrafe geltend machen, sondern ist darauf verwiesen, bei Gericht die Verhängung eines Ordnungsgeldes zu beantragen. Ein Ordnungsgeld fällt oft nicht nur geringer als eine Vertragsstrafe aus, sondern kommt nicht dem Abmahner, sondern dem Staat zu Gute. Die Motivation des Abmahners an der Verfolgung von Verstößen gegen eine Einstweilige Verfügung kann daher geringer sein als bei einem Verstoß gegen eine strafbewehrte Unterlassungserklärung.
Kopplung Bewertungsaufforderung mit Gutscheinen oder Rabatten unzulässig
Aber auch Kunden, die eine Einwilligung in den Erhalt von E-Mail-Werbung erteilt haben, dürfen nicht zur Abgabe einer Bewertung oder eines Feedbacks unter gleichzeitigem Versprechen eines Gutscheines oder Rabatts gebeten werden. Denn dann handelt es sich um „gekaufte Bewertungen.“ Durch gekaufte Bewertungen werden potenzielle Kunden in die Irre geführt, gehen diese davon aus, dass Bewertungen und Empfehlungen von Kunden ohne Einflussnahme des Onlinehändlers abgegeben wurden. So erachtete z. B. das OLG Hamm (Urteil vom 10.09.2013, 4 U 84/13) eine Aufforderung eines Onlinehändlers an Kunden, einen Erfahrungsbericht auf Bewertungsportalen abzugeben und dies mit einem Gutschein in Höhe von 25 EUR zu belohnen als wettbewerbswidrig:
„Denn hiermit kann eine Irreführung des angesprochenen Verkehrs bewirkt werden (…). Die in Rede stehenden E-Mails zielen letztlich darauf ab, die angeschriebenen Kunden mit den versprochenen Gutscheinen zur Abgabe einer Empfehlung hinsichtlich der von der Antragsgegnerin beworbenen Produkte auf einem der genannten Meinungsportale zu veranlassen. Bei solchermaßen zustande gekommenen Beurteilungen handelt es sich um wettbewerbswidrig bezahlte Empfehlungen. Wird mit Kundenempfehlungen und anderen Referenzschreiben geworben, darf jedoch das Urteil des Kunden grundsätzlich nicht erkauft sein. Die Verwendung bezahlter Zuschriften ist unzulässig, wenn auf die Bezahlung nicht ausdrücklich hingewiesen wird (…).“
Empfehlungen für die Praxis
Um Abmahnungen wegen unerlaubter Werbe-E-Mails zu vermeiden, können Onlinehändler direkt im Onlineshop Möglichkeiten zur Abgabe von Bewertungen vorhalten, z.B. auf der Produktseite.
Möglich ist auch das Nachgreifen per Post, aber dies ist nicht nur mit Aufwand verbunden, sondern auch ineffizient und oldschool.
Schließlich kan auch im Rahmen des Bestellprozesses vorgesehen werden, dass der Kunde sich durch Anklicken eines Feldes mit der Zusendung einer Bewertungsanfrage im Nachhinein einverstanden erklärt. Ob eine allgemeine Zustimmung in den „Erhalt von Werbung“ eine wirksame Zustimmung darstellt, könnte fraglich sein, hat der BGH (Urteil vom 14.3.2017, VI ZR 721/15) entschieden, dass sich eine Einwilligung in Werbung auf konkrete Produktgruppen beziehen muss.