Das OLG Köln entschied mit Beschluss vom 09.03.2020, dass auch eine irrtümliche Angabe eines zu geringen Kilometerstandes (2.040 km statt 204.032 km) in einem Gebrauchtwagenangebot auf autoscout24.de irreführend und daher wettbewerbswidrig ist, wenn sie aufgrund des Algorithmus der Plattform zu einer blickfangmäßig hervorgehobenen Bewertung als "TOP-Angebot" führt. Dies gilt auch dann, wenn der Verkehr die Diskrepanz zwischen dem Kaufpreis und der angeblich geringen Laufleistung sofort erkennt oder auf einem eingestellten Foto den tatsächlichen Tachostand erkennen kann.
Sachverhalt: Angabe eines falschen Tachostandes in Kfz-Börse führt zur Bewertung als "TOP-Angebot"
Der Beklagte bewarb auf der Plattform autoscout24.de einen Pkw Golf unter Angabe eines Kilometerstandes von 2.040 km für 1.100 Euro. Tatsächlich betrug der Kilometerstand jedoch 204.032 km, was auf einem dem Angebot beigefügten Foto auch zu erkennen war.
Der Beklagte wurde vom Kläger wegen irreführender und damit wettbewerbswidriger Angaben kostenpflichtig abgemahnt. Da der Beklagte keine Unterlassungserklärung abgab, erhob der Kläger Unterlassungsklage. Nachdem der Beklagte im Prozess die vom Kläger begehrte Unterlassungserklärung abgegeben und dessen vorgerichtliche Kosten erstattet hatte, erklärten beide Parteien den Rechtsstreit für erledigt.
Das LG Köln legte dem Kläger die Kosten des Klageverfahrens auf mit der Begründung, dass eine Irreführung nicht vorliege. Der angesprochene Verkehr würde aufgrund der Diskrepanz den offensichtlichen Eingabefehler erkennen und weiter durch das Foto vom Tachometer ausreichend aufgeklärt. Daran ändere auch die Bewertung als "TOP Angebot" nichts.
OLG Köln: Bewertung als "TOP"-Angebot durch falsche Kfz-Angaben wettbewerbswidrig
Das OLG Köln sah dies anders und legte dem Beklagten die Kosten des Klageverfahrens auf, da dem Kläger wegen wettbewerbswidriger Irreführung ein Unterlassungsanspruch nach UWG zugestanden habe.
Die Angabe eines Tachostandes von nur 2.040 km sei unlauter, weil insbesondere das Verhältnis von Tachostand und Kaufpreis entscheidend für die Bewertung des Angebots durch den Algorithmus der Internetplattform sei. Obwohl das Angebot tatsächlich nicht die Kriterien für die Bewertung als "TOP-Angebot" erfüllt habe, habe die fehlerhafte Kilometerangabe im Text zu einer Einordnung als ein solches "TOP-Angebot" geführt.
Es liege damit eine blickfangmäßig hervorgehobene unwahre Bewertung vor, die nicht ausreichend aufgeklärt werde. Solange ein Verbraucher nicht wisse, wie sich die Bewertung zusammensetze und er möglicherweise annehme, dass auch noch andere Umstände eine maßgebliche Rolle spielen, bestehe eine Irreführungsgefahr i.S.d. § 5 UWG.
Diese bestehe so lange fort, wie das Siegel "TOP-Angebot" weiterhin gültig sei. Unerheblich sei letztlich, dass die Bewertung seines Angebots als "TOP-Angebot" nicht durch den Beklagten selbst vorgenommen worden sei, da der Algorithmus jedenfalls auf die von ihm zur Verfügung gestellten Daten zugegriffen und diese ausgewertet habe.
OLG Köln, Beschluss vom 09.03.2020, Az. 6 W 25/20