SoundGuardian: Nachlizenz wegen Musik in TikToks - Was tun?

Handy, auf dem ein TickTok Account zu sehen ist

Urheberrecht und Musik in Videos auf TikTok, Facebook & Instagram

Die Verwendung von Musik in Social Media Videos ist eine oft unterschätzte rechtliche Herausforderung für Unternehmen. Mal einfache Hintergrundmusik, mal ein viraler Song mit hohem Wiedererkennungswert - vieles spricht dafür, die Nutzer auch akustisch anzusprechen und abzuholen. Praktisch lässt sich das leicht umsetzen, schließlich bieten die Plattformen eigene Soundbibliotheken an. So können TikTok-Nutzer direkt in der App auf eine umfangreiche Soundbibliothek zugreifen. Diese enthält Millionen von Songs und Charthits und ist über den Button „Sound hinzufügen“ beim Erstellen eines neuen Videos zugänglich.

Vielen Unternehmen ist jedoch nicht bewusst, dass TikTok, Facebook & Instagram in ihren Nutzungsbedingungen zwischen privater und kommerzieller Musiknutzung unterscheiden, da sie von den Rechteinhabern nur Nutzungsrechte für die private Musiknutzung erhalten haben. Die Songs aus den Soundbibliotheken für private Nutzer dürfen daher nur zu Unterhaltungszwecken, nicht in kommerziellen Videos verwendet werden.

📢 Entscheidend für die Einordnung "privat" vs. "kommerziell" ist nicht die Art des Accounts, sondern der Zweck und der Inhalt des Videos. Daher ist die Verbreitung von kommerziellen Videos über einen privaten TikTok-Account unzulässig.

Wird Musik in TikToks, Reels und Clips ohne die erforderliche Erlaubnis der Rechteinhaber verwendet, liegt eine Urheberrechtsverletzung vor, die unerfreuliche Abmahnungen, hohe Schadensersatzforderungen und teure Klageverfahren nach sich ziehen kann.

Abmahnungen von Rechteinhabern wegen Musik in TikToks

Diese Gefahr ist auch real, denn die Rechteinhaber gehen tatsächlich gegen die unerlaubte Nutzung von Musik in Videos auf TikTok, Facebook & Co. vor. So geht die Kanzlei IPPC Law (Rechtsanwalt Daniel Sebastian) im Auftrag verschiedener Urheber gegen die Nutzung von Musik in Videos auf TikTok und Instagram vor. Gegenstand der Abmahnungen sind nicht nur aktuelle Charthits, sondern auch ältere Songs, die zu Klassikern geworden sind. So mahnte die Kanzlei IPPC Law beispielsweise Unternehmen ab, die ihre TikToks mit dem Weihnachtsklassiker „Wonderful Dream (Holidays Are Coming)“ der US-amerikanischen Sängerin Melanie Thornton unterlegten.

Darüber hinaus erhielten zahlreiche Unternehmen Post von der Hamburger Anwaltskanzlei Mathé, weil sie TikToks mit Musik aus der privaten TikTok-Musikbibliothek "Sounds" veröffentlicht hatten. Die Kanzlei Mathé vertritt mehrere Musikverlage (u.a. EMI Publishing, Sony Publishing, ROBA Music Verlag GmbH, Hanseatic Musikverlag, Neue Welt Musikverlag). Je nach Anzahl der TikToks und der Nutzungsdauer der einzelnen TikToks wurden in den Schreiben Schadenersatzbeträge zwischen 5.000 und 100.000 Euro gefordert.

SoundGuardian fordert Nachlizenz wegen TikTok-Musik

Aktuell macht nun die SoundGuardian GmbH von sich reden: Das Unternehmen, das sich auf die Verwaltung von Musikrechten für visuelle Medien (Social-Media-Plattformen) spezialisiert hat, verschickt Zahlungsaufforderungen an Unternehmen, die Songs in kommerziellen Videos auf TikTok verwendet haben, darunter „3 Haselnüsse“ von Felix Harrer und Jaques Raupé oder „Mein kleines Herz (Bam Bam)" von Darius & Finlay, MartinBepunkt und Shaun Baker. In den Schreiben gibt die Firma SoundGuardian GmbH an, die ausschließlichen Nutzungsrechte an den jeweiligen Tonaufnahmen zu besitzen.

Den Empfängern der Schreiben wird vorgeworfen, die jeweiligen Songs in kommerziellen TikToks verwendet zu haben, ohne über die hierfür erforderlichen Nutzungsrechte zu verfügen. Mit dem Schreiben soll den Betroffenen nun die Möglichkeit gegeben werden, die unerlaubte Musiknutzung durch Zahlung einer Nachlizenz nachträglich zu lizenzieren.

Die Besonderheit: Anders als bei Abmahnungen wird keine Unterlassungserklärung gefordert, sondern ausschlielich die Zahlung einer Nachlizenz. Die von SoundGuradian geforderten Nachlizenzen belaufen sich auf mehrere tausend Euro. Die konkrete Höhe der Nachlizenz variiert von Fall zu Fall. In dem uns vorliegenden Schreiben wegen der Nutzung des Titels "3 Haselnüsse" in einem TikTok über einen Zeitraum von ca. 10 Monaten wird eine Nachlizenz in Höhe von 4.000 EUR zzgl. Umsatzsteuer gefordert.

Knappe Frist und Androhung rechtlicher Schritte

In den Schreiben werden die Empfänger unter Setzung einer kurzen Frist von meist 10 Tagen aufgefordert, die Nachlizenzierung online über die Website der SoundGuardian GmbH vorzunehmen.

Und wenn man sich weigert, auf das Angebot der Nachlizenzierung einzugehen? Für diesen Fall droht die SoundGuardian damit, ihre Forderung gerichtlich durchzusetzen, was mit weiteren Kosten verbunden wäre.

Wie sollten Betroffene (nicht) reagieren?

Die Briefe von SoundGuardian sollten auf jeden Fall ernst genommen werden. Zugleich gilt: Ruhe bewahren! Nicht selten neigen Betroffene unter dem Druck kurzer Fristen zu unüberlegten und vorschnellen Reaktionen.

Keinesfalls sollten Betroffene der Aufforderung von SoundGuardian nachkommen, auf der Website von SoundGuardian der Zahlung der geforderten Nachlizenz zuzustimmen. Denn in diesem Fall kommt eine verbindliche Vereinbarung über die geforderte Nachlizenz zustande mit der Folge, dass der Betroffene diese zahlen muss, unabhängig davon, ob eine Nachlizenz in dieser Höhe tatsächlich angemessen ist.
Vielmehr sollten Betroffene die Angaben und Forderungen von SoundGuardian anwaltlich prüfen lassen, insbesondere ob die geforderte Nachlizenz im konkreten Fall angemessen ist. Festgelegte Beträge gibt es nicht; es kommt immer auf die konkreten Umstände des Einzelfalls an.
Darüber hinaus sollten Betroffene prüfen, ob in TikToks weitere Musik ohne die erforderliche Lizenz verwendet wurden. Diese TikToks sollten umgehend offline genommen werden; ggf. sind sie dem jeweiligen Rechteinhaber noch nicht bekannt.
Ferner sollten auch Videos auf anderen Social-Media-Plattformen (Facebook, Instagram...) oder auf der eigenen Website daraufhin überprüft werden, ob auch dort Musik ohne die erforderliche Lizenz in Videos hinterlegt wurde.
Im besten Fall sollte bereits vor der Veröffentlichung eines Beitrags auf TikTok & Co. geprüft werden, ob urheberrechtlich geschützte Werke Dritter, seien es Musik, Texte oder Bilder, verwendet werden dürfen.

Dringend: Unternehmen, die auf TikTok, Instagram und Facebook tätig sind, kommen nicht daran vorbei, sich mit den Vorgaben der Plattformen für die Verwendung von Musik in Videos zu beschäftigen.

📢 Musik auf TikTok: Was ist erlaubt und was nicht? Mehr dazu in den FAQ.
📢 Musik auf Instagram & Facebook - was geht, was nicht ? Mehr dazu in den FAQ.

Fachanwältin bietet Soforthilfe

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Sind die Nachlizenzen von SoundGuardian berechtigt?

In einem uns vorliegenden Schreiben wird für die Nutzung der Tonaufnahme "3 Haselnüsse" in einem kommerziellen Video auf TikTok für ca. 10 Monate ohne weitere Erläuterung eine Nachlizenz von 4.000 Euro (zzgl. 7% Umsatzsteuer) gefordert. Eine stolze Summe, wenn man bedenkt, dass TikToks maximal 60 Sekunden lang sind und in der Regel nach wenigen Tagen aus der Timeline verschwinden. Ob Gerichte derart hohe Nachlizenzen für angemessen halten, darf bezweifelt werden, jedenfalls ist die Frage offen, entsprechende Urteile gibt es bislang nicht.

Grundsätze: Schadensersatz bei Urheberrechtsverletzungen

Bei Urheberrechtsverletzungen gibt es grundsätzlich drei verschiedene Methoden der Schadensberechnung:

1️⃣ Konkrete Schadensberechnung: Hier wird der tatsächlich entstandene Schaden bzw. entgangene Gewinn des Rechteinhabers berechnet. Diese Methode hat kaum Relevanz, da der Nachweis eines konkreten Schadens bzw. entgangenen Gewinns durch den Rechteinhaber kaum zu führen ist.

2️⃣ Herausgabe des Verletzergewinns: Hier wird der Gewinn berechnet, den der Verletzer durch die Rechtsverletzung erzielt hat. Auch diese Methode hat praktisch keine Relevanz, da die Gewinnerzielung durch TikToks schwer nachzuweisen ist.

3️⃣ Lizenzanalogie (fiktive Lizenzgebühr): Dies ist die in der Praxis am häufigsten angewandte Methode. Dabei wird berechnet, was der Nutzer als angemessene Vergütung hätte zahlen müssen, wenn er die Rechte rechtmäßig erworben hätte.

  • Eigene Lizenzpraxis: Maßgeblich ist dabei in erster Linie die eigene Lizenzierungspraxis des Rechteinhabers.
  • Branchenübliche Tarife: Fehlt eine eigene Lizenzierungspraxis, kann auf branchenübliche Vergütungssätze und Tarife zurückgegriffen werden, soweit solche existieren und einschlägig sind.
  • Schätzung: Gibt es auch keine branchenüblichen Tarife, ist die Höhe der angemessenen Lizenz unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls gem. § 287 ZPO zu schätzen.

Konkret: Schadensersatz bei Musik in TikToks

Die vorstehenden Grundsätze sind auch auf die Frage des Schadensersatzes bei unerlaubter Nutzung von Musik in Videos auf TikTok, Facebook und Instagram anzuwenden. Insbesondere sind u.a. folgende Punkte zu berücksichtigen:

  • Die Dauer der Musiknutzung (oft nur wenige Sekunden)
  • die Art der Nutzung (privat vs. kommerziell)
  • die Reichweite und Größe des Accounts
  • das Mediabudget des Unternehmens (bei kommerzieller Nutzung).

Zudem wird bei der Lizenzierung von Musikrechten zwischen klassischer Werbung in TV/Kino und Social Media sowie nach Unternehmensgröße unterschieden. So unterscheidet auch die Preisliste für das Synchronisationsrecht 2024 der Universal Production Music zwischen klassischer TV-/Kinowerbung, audiovisuellen Unternehmenspräsentationen und der kommerziellen Nutzung in Social Media. Für letztere werden "geringe" Monatspauschalen angeboten.

Die Angemessenheit der von SoundGuardian geforderten Nachlizenzen in Höhe von mehreren Tausend Euro ist daher fraglich. Es bleibt abzuwarten, wie die Gerichte in solchen Fällen entscheiden werden. Bisher gibt es noch keine wegweisenden Gerichtsentscheidungen speziell zur Musiknutzung in Videos auf TikTok.

Schreiben von SoundGuardian erhalten - Wie kann ich helfen?

Wenn Sie ein Schreiben der SoundGuardian GmbH erhalten haben und anwaltliche Beratung benötigen, helfe ich Ihnen gerne weiter. Insbesondere sind folgende Punkte zu prüfen:

  • Ist der Absender der Rechteinhaber?
  • Ist die Rechtekette lückenlos?
  • Liegt eine Urheberrechtsverletzung vor?
  • Sind die Zahlungsansprüche der Höhe nach gerechtfertigt?
  • Ist ein etwaiger Vergleichsvorschlag fair? 
  • Besteht weiterer Verhandlungsspielraum?

Die Antworten auf diese und weitere entscheidende Fragen hängen vom jeweiligen Einzelfall ab und sollten individuell von im Urheberrecht spezialisierten Anwälten geprüft werden.

Aufgrund meiner langjährigen Erfahrung in urheberrechtlichen Streitigkeiten habe ich zahlreiche Mandantinnen und Mandanten erfolgreich außergerichtlich und gerichtlich vertreten. Durch meine umfassende Expertise im Urheberrecht weiß ich genau, wie ich Abmahnungen und Zahlungsaufforderungen professionell entgegentreten kann.

Als Expertin für Urheberrecht biete ich Ihnen nicht nur eine fundierte rechtliche Beratung, sondern auch eine persönliche und vertrauensvolle Betreuung. Ich weiß, wie belastend juristische Auseinandersetzungen sein können. Gerne können Sie mir das Schreiben der SoundGuardian GmbH zusenden. Ich melde mich dann kurzfristig mit einer Ersteinschätzung zurück.

Fachanwältin für gewerblichen Rechtsschutz Denise Himburg - Ihre Anwältin für Urheberrecht mit über 20 Jahren praktischer Erfahrung im Urheberrecht.